Schwarz-Gelb lehnt Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln ab / 8.10.09
Auf Druck der NRW-SPD musste der CDU-Verbraucherminister Uhlenberg Farbe bekennen: Nachdem die Sozialdemokraten im Düsseldorfer Landtag die Forderung erneuert hatten, NRW möge sich – wie angekündigt – endlich für die Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln im Bund und in Europa einsetzen, machte die Landesregierung gestern einen Rückzieher: “Die Entscheidung der Regierung Rüttgers gegen die Ampelkennzeichnung ist falsch”, stellte die Münsteraner SPD-Umweltexpertin Svenja Schulze fest. “Wir brauchen eine verpflichtende Kennzeichnung, die mit Hilfe der Ampelfarben den Verbrauchern und Verbraucherinnen schnell signalisiert, welche Nährwerte in welcher Menge im Lebensmittel vorzufinden sind.”
Im Bund und Land also schon das selbe Bild: Schwarz/Gelb auf Lobbyistenkurs!
Die Lebensmittelhersteller verweigern sich keineswegs geschlossen einer verbraucherfreundlichen Ampel-Kennzeichnung. Der mittelständische Tiefkühlprodukte-Hersteller Frosta kündigte am 3. Juni 2009 auf einer Pressekonferenz mit foodwatch in Berlin an, als erster Hersteller in Deutschland freiwillig die Ampelkennzeichnung einzuführen. Eine Transparenz-Initiative, die zeigt: Es geht! Ehrliche Verbraucherinformation ist für die Industrie machbar, wenn sie nur will.
Krankenkassen fordern: Ampel-Verbot muss vom Tisch!
Anders als Frosta ignoriert Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) bislang die Forderung der Bürger nach einer verständlichen Nährwert-Kennzeichnung – und billigt sogar den Kurs der Europäischen Kommission, die die Ampelkennzeichnung EU-weit verbieten will. Doch der Druck auf Aigner wächst. Am 27. August 2009 veröffentlichten die deutschen Krankenkassen einen gemeinsamen Appell an die Bundesregierung. Ihre zentrale Forderung: Das Ampel-Verbot muss vom Tisch! Damit ist das gesellschaftliche Bündnis für die Ampel noch einmal größer geworden.
Studie zeigt: Ampelfarben und Text am besten verständlich
Die bislang umfassendste vergleichende Studie über die Verständlichkeit verschiedener Kennzeichnungssysteme zeigt: Am besten werden Modelle verstanden, bei denen die Ampelfarben und Text kombiniert werden. Ob eine Kombination von Text (hoch/mittel/niedrig) und Ampelfarben (rot/gelb/grün) oder eine Kombination von Text, Ampelfarben sowie GDA-Angaben. Durchgeführt wurde die Studie von der britischen Lebensmittelbehörde FSA (Food Standards Agency). Unabhängige Wissenschaftler kamen nach ausführlicher Prüfung zu dem Ergebnis, diese Studie sei bezüglich ihrer Methodik und Validität “als eine hervorragende Leistung einzustufen“.
Die Mehrheit der Industrie und Ministerin Aigner halten aber weiter am reinen, irreführenden GDA-System fest. Bereits heute ist die so genannte GDA-Kennzeichnung auf Produkten zu finden. Die Nährwerte werden dabei mit Zahlen- und Prozentangaben angegeben – diese beziehen sich jedoch auf unterschiedlich große Portionen. Dadurch können Verbraucher keine Vergleiche anstellen, Hersteller ihre Produkte aber durch unrealistisch kleine Portionen schönrechnen.
Mehrheit der Bürger will die Ampel – aber das stört Schwarz/Gelb nicht.
Die Meinung der Bürger ist klar: 69 Prozent sprachen sich im Juli 2009 in einer repräsentativen Emnid-Umfrage für die Ampel aus. Damit ist die Zustimmung für die Nährwertangaben in Rot, Gelb und Grün von 67 Prozent innerhalb eines halben Jahres noch einmal gestiegen. 8 von 10 Bundesbürgern (77 Prozent) sagen zudem Nein zum Ampel-Verbot in Brüssel. Bereits im September 2008 hatten die Verbraucherschutzminister der Länder die Bundesregierung aufgefordert, sich in Europa für eine verpflichtende Lebensmittelkennzeichnung mit den Ampelfarben einzusetzen – wie von foodwatch gefordert. Auch Seehofer sprach sich “ohne Wenn und Aber” für die Ampel aus.
Ministerin Aigner entlarvt sich hingegen als Ampel-Gegnerin.
Sie lehnt es ab, sich gegen das in Brüssel geplante Ampel-Verbot stark zu machen. Die Europäische Union plant ein neues Gesetz zur Vereinheitlichung der Nährwertangaben. Bleibt es bei den derzeitigen EU-Plänen, finden Verbraucher auf ihren Lebensmitteln bald Nährwertangaben in Tabellenform – industriefreundlich und ohne Farben. Abweichungen in den einzelnen Mitgliedstaaten, etwa eine verbraucherfreundliche, farbliche Hinterlegung der Angaben, wären ausdrücklich verboten. Zu diesem Ergebnis kommt Sabine Schlacke, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Bremen, in einem Rechtsgutachten für foodwatch.
Doch anstelle sich in Europa für die Ampel einsetzen, wie es sich die Mehrheit der Bürger wünscht, spielt Ilse Aigner ein Doppelspiel: Während sie hierzulande neuerdings Offenheit für die Ampel vorgaukelt, glänzt sie im EU-Ministerrat weiterhin durch vorsätzliches Nichtstun. Das Mindeste ist, dass sich Aigner gegen das Ampel-Verbot engagiert und nicht auch noch daran mitarbeitet. Wir fordern Frau Aigner dazu auf, dieses Versäumnis endlich zu beseitigen und im EU-Ministerrat Nein zum Ampel-Verbot zu sagen.
Der Umgang mit den Schwachen entscheidet Nieten in Nadelstreifen - auch in der Landesregierung