Autsch: Russische Parallelwelt in Münster / 6.04.14
Russisches Reisebüro in Münster, das hört sich eigentlich nach Service für Ost-Reisende an. Das sollte man jedenfalls meinen. Probiert man’s aus, lernt man aber dazu. Der Anlass für neue Erfahrungen war banal: ein Brief muss dringend nach Weißrussland, der Gast aus Weißrussland wartet auf die Verpflichtungserklärung des deutschen Gastgebers, um das Visum beantragen zu können.
Nun könnte man so etwas einfach in einen Umschlag stecken und eine Briefmarke draufkleben; das hat der Gastgeber im vorigen Jahr versucht, und zweimal hintereinander kam der Brief nicht an. Wenn der Gast auf seinem weißrussischen Postamt nachfragte, hieß es jedes Mal, der Brief müsse wohl bei der deutschen Post verlorengegangen sein. Dreimal durfte der Gastgeber sich also in die Schlange im Ausländeramt einreihen und jedes Mal 25 Euro für die “Verpflichtungserklärung” bezahlen. Beim dritten Mal fand er dann ein Busunternehmen, das bereit war den Brief mitzunehmen. Fünf Euro wollte das Busunternehmen dafür haben, der Brief kam pünktlich an, der Gast konnte nach Deutschland reisen.
In diesem Jahr klappte das nun nicht, das Busunternehmen hat zurzeit keine Fahrt nach Weißrussland. Also was tun? Noch einmal das vergebliche Spiel mit der weißrussischen Post versuchen? Da fiel dem Gastgeber ein, dass es ja russische Reisebüros in unserer Stadt gibt. Also angerufen, das Anliegen auf den Anrufbeantworter gesprochen, und bald kam der Rückruf.
Ein barscher Rückruf eines offensichtlich russischen Mannes. Ein Ton, wie man ihn sich vorstellt für die 30er Jahre im Mutterland der Sowjetrepubliken. Worum es denn gehe? Der Gastgeber erklärte, was in dem Brief stecke und wohin er gehen solle – barsch wurde er korrigiert, er habe den Namen des Ortes nicht richtig ausgesprochen. Barsch wurde er gefragt, warum er den Brief denn nicht per Post schicke, und als er den Grund – die schlechten Erfahrungen der Vergangenheit – nannte, wurde er barsch zurechtgewiesen: sehr korrekt arbeite die weißrussische Post, es gebe keinen Grund für einen anderen Beförderungsweg. Im Übrigen könne man den Brief auch per DHL Express schicken.
Schließlich kam allergnädigst ein Angebot: am Montag fahre ein Bus nach Weißrussland, da müsse der Herr am Morgen kommen und den Brief abgeben. Das sei aber teuer, 30 Euro koste das. 30 Euro für die Mitnahme eines wenige Gramm schweren Briefs. Sehr bedankt hat sich darauf der Gastgeber: abgezockt hat er sich gefühlt und schlecht behandelt, er ist sich vorgekommen wie in einer Parallelwelt: Stalins Ableger in Münster. Und hat sich vorgenommen, den Brief per DHL zu schicken. Kostet zwar noch mehr, subventioniert aber nicht das sowjetische Universum.
Sauberes Münster: SPD im Einsatz 20 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda
— Hermann Geusendam-Wode 7.04.14 #