Bahnhofs-Monopoly / 5.11.13
Wind und Wetter haben freien Zutritt: leere Fensterhöhlen des alten Hiltruper Bahnhofsgebäudes
Der Klassiker, immer wieder gern gespielt: Monopoly. Bahnhofstraße, Schlossallee, in Hiltrup die Bergiusstraße. Die Beteiligten: die Verwaltung, eine gutmeinende Initiative, ein Bauprofi. Die Rahmenbedingungen: Denkmalschutz auf der einen Seite, vielversprechende Entwicklung eines lange vernachlässigten Areals auf der anderen. Das sind die Zutaten für ein altbewährtes Rezept.
Bekommt Hiltrup jetzt eine Neuauflage dieses Klassikers? Es fällt inzwischen schwer, sich dieses Eindrucks zu erwehren. Das Hiltruper Bahnhofsareal ist vielversprechend, wenn man sich die Entwicklung der Grundstückspreise anschaut. Stroetmanns Supermarkt und ein Neubau-Klotz mit teuren Eigentumswohnungen, da muss sich doch auch aus dem Bahnhofsgrundstück was machen lassen. Investor Holtz hat dafür nicht viel bezahlt, jetzt stört nur noch der Denkmalschutz (und die Kultur?). Wie man mit diesem Problem umgeht, haben wir doch schon oft genug gesehen: mach die Fenster auf und lass es regnen und frieren. So steht unser altes Bahnhofsgebäude jetzt da. In die offenen Fensterhöhlen wehen Sturm und Regen, der Frost im kommenden Winter erledigt den Rest. Geht es jetzt darum?
Für eine solche Taktik bekommt man als Investor schnell schlechte Presse, da kommt ein Sündenbock wie gerufen – den gibt immer ganz vortrefflich die Verwaltung ab. Holtz hat erst die Fenster rausgehauen. Nach all dem großen öffentlichen Tamtam geht es ihm jetzt plötzlich nicht mehr um gutes Essen und Kultur, sondern laut Presseberichten um mehr Büros. Büros, wo in den nächsten Jahren die Baumaschinen lärmen und der Intercity donnert. In Wirklichkeit, so muss man sich doch langsam fragen, geht es in Wirklichkeit nicht einfach darum, ein denkmalgeschütztes Objekt so lange verfallen zu lassen, bis man es leider leider unvermeidlich abreißen muss? Und den schwarzen Peter der Verwaltung zuzuschieben? Oder geht es darum, die wenig lukrative kulturelle Nutzung des alten Bahnhofs scheibchenweise auszuhebeln, die alle Beteiligten immer so hoch gehalten hatten?
Wenn Sie die Fenster Ihrer Wohnung im Herbst raushauen, danach die Baustelle stilllegen und erst mal in Ruhe überlegen, was Sie jetzt damit machen wollen, werden ihre Nachbarn Sie für verrückt erklären. Holtz ist Profi; Profis sind nicht verrückt und ihnen passieren keine Missgeschicke mit der Verwaltung – Profis denken sich etwas dabei.
“Soweit die Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten den Verpflichtungen zur Erhaltung des Denkmals nicht nachkommen, kann die Untere Denkmalbehörde nach deren Anhörung die notwendigen Anordnungen treffen”, sagt das Denkmalschutzgesetz. Viel interessanter ist aber noch die Frage: muss Holtz den Kaufvertrag rückabwickeln und den Bahnhof an die Stadt zurückgeben, falls er weder Gastronomie noch kulturelle Nutzung realisiert? Oder hat sich die Verwaltung schlicht austricksen lassen? Die SPD fragt alle Beteiligten, die Firma Holtz, die Stadtteiloffensive und die Stadt: Was wird hier eigentlich gespielt? Wann erfahren wir die ganze Wahrheit?