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Mit fremden Federn: „Wo es brennt, entsteht Rauch“ / 11.07.07

Erstmals nach dem schweren Störfall im Atomkraftwerk hat die Werksleitung Sicherheitsmängel eingeräumt. Ein interner Bericht legt offen, dass das Personal die Sicherheitsvorschriften nicht ernst genug genommen hat und ganz einfach geschlampt wurde. Einige der Mitarbeiter hätten bei der Arbeit Alkohol getrunken, Arbeitsunfälle hätten sich gehäuft, die zum Teil lebensbedrohlich gewesen seien, hieß es in dem Bericht (zitiert nach Radio Schweden, Internet-Ausgabe).

Aber halt: das ist nicht Krümmel! Das ist Forsmark! Haupteigentümer von Forsmark ist Vattenfall, der Reaktor wäre Mitte 2006 beinahe durchgebrannt, und der Bericht datiert vom 30.1.2007 (nachlesen können Sie hier).

Erstaunlich jedoch ist, dass der interne Mängelkatalog erst im Januar 2007 an die Öffentlichkeit kam. Denn der Bericht war bereits im Oktober 2006 erstellt worden. Göran Lundgren, Chef von Vattenfall Norden und Unternehmenssprecher von Forsmark will bis Januar 2007 jedoch nichts von der Existenz des Papiers gewusst haben. Schließlich sei es nur einer von vielen Berichten, die täglich auf seinem Schreibtisch landen, sagte er gegenüber dem schwedischen Fernsehen (siehe Radio Schweden).

Und was war mit Krümmel?

Im Atomkraftwerk Krümmel (nahe Hamburg) brannte im Juni 2007 ein Trafo, und der Reaktor hat sich abgeschaltet. Sonst war nichts. Sagte Eigentümer Vattenfall.

Alles Weitere müssen Atomaufsicht und Medien der hochwohllöblichen Firma Vattenfall mit der Brechstange aus der Nase ziehen, die Staatsanwaltschaft muss den ganz dicken Hammer der polizeilichen Durchsuchung benutzen:

Nach Informationen der SZ sollen sich statt des üblicherweise 9 bis 10 Mitarbeiter starken Teams etwa 25 Personen zum Zeitpunkt der Störung in der Warte des Reaktors befunden haben. „Da waren Leute auf der Warte, die eigentlich nicht dorthin gehören“ (bestätigt durch einen Sprecher von Vattenfall, zitiert nach SZ vom 11.7.2007).

Nachtrag vom 16.7.2007: tatsächlich waren 37 Personen im Schaltanlagengebäude; der von Vattenfall verfasste Arbeits-Bericht vom 13.7.2007 über den Ablauf nennt diese Zahl, ist aber in diesem Punkt nicht vollständig veröffentlicht (Seite 15 ist teilweise geschwärzt).

Nach dem Brand des Trafos und der Abschaltung eines zweiten Trafos war für kurze Zeit die Stromversorgung des Reaktors ausgefallen. Während der Schnellabschaltung des Reaktors war eine Pumpe ausgefallen, die den Reaktor mit Kühlwasser versorgt. Vattenfall-Mitarbeiter hatten wichtige Ventile von Hand geöffnet, der Kühlwasserstand im Reaktor war daraufhin gefallen. Brandgase waren bis in die Leitwarte vorgedrungen. „Wo es brennt, entsteht Rauch“, kommentierte Vattenfall-Chef Klaus Rauscher den Vorgang (zitiert nach SZ vom 11.7.2007).

„Offenbar hat die zum Zeitpunkt der Schnellabschaltung Dienst tuende Schicht nicht entsprechend den Vorgaben im Betriebshandbuch und der Schulungen agiert“, es gebe „deutliche Anhaltspunkte“ für ein Fehlverhalten des Bedienungspersonals (Bundesumweltministerium, zitiert nach SZ vom 11.7.2007). Und Vattenfall weigerte sich, das Bedienungspersonal gegenüber der Atomaufsicht aussagen zu lassen. Entgegen der Bitte der Atomaufsicht erschienen die angeforderten zwei Personen nicht zu der Expertenrunde der Atomaufsicht am 9.7.2007, und Vattenfall begründete dies mit dem „Schutzbedürfnis dieser Personen“ (Bundesumweltministerium, zitiert nach FR vom 11.7.2007).

Muss man das eigentlich noch kommentieren?

Murphy’s law (“Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen”) gilt auch für Reaktoren. Eigentlich ist auch egal, was genau passiert ist, ob die Mannschaft in der Leitwarte fröhlich Geburtstag gefeiert hat oder einfach nur inkompetent ist, ob Brandschutz im Reaktor vorsätzlich oder fahrlässig missachtet wurde, welches Führungspersonal als Bauernopfer gefeuert wird. Was bleibt: diese Technik ist nicht die Lösung für unsere CO2-Probleme.

Im Übrigen gilt der Satz aus dem sehr lesenswerten internen Untersuchungsbericht von Vattenfall aus dem Jahr 2006: „Handele schnell, ehe dir andere zuvorkommen!“ Die „anderen“ sind die Atomaufsichtsbehörden, in ihrer Hand liegt die Betriebsgenehmigung für Vattenfall.

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