Polen und Litauen beim ADFC / 6.12.12
Reisen und Sehen
Einsame Allee bei Frombork / Frauenburg in Masuren (Foto: Klare)
Der ADFC hatte eingeladen zum Clubabend: „Mit dem Fahrrad unterwegs in den Masuren und Litauen“. Ein interessantes Angebot, war ich doch selbst vor 2 ½ Jahren mit dem Rad in Polen und plane die Fortsetzung ins Baltikum, also auf zum ADFC Infoladen Münster. Der Raum gesteckt voll, Publikum (fast) jeden Alters, ein beachtlicher Anteil nicht Vereinsmitglieder.
Eine kleine Enttäuschung am Anfang, die Tour, von der mit vielen Bildern berichtet wurde, liegt schon 5 Jahre zurück – eine lange Zeit in Ländern, die sich in einem rasanten Wandel befinden. Dann eine Flut von Bildern, ein wenig Fahrradtechnik, ein wenig Land und Leute, viele persönliche Eindrücke von unterwegs. Was man eben so mitbringt, wenn man neugierig, radreiselustig und kein professioneller Reisejournalist ist. Wer es kritisieren will, möge vorher erst einmal seine eigenen Aufbereitungen von Radreisen kritisch anschauen.
Appetit auf Radreisen in diese Länder machte der Abend auf jeden Fall. Eine große Nachdenklichkeit blieb aber gleichzeitig zurück. Angetrunken feiernde und tanzende Menschen kann man zeigen, natürlich. Man kann auch viele Bilder von dem ausgelassenen Fest zeigen. Man muss sich nur über die Wirkung solcher Bildauswahl klar sein. Würden wir es gut finden, wenn der polnische Tourist zu Hause Fotoserien von alkoholisierten Fußballfans vorzeigt? Und wird es unserem Nachbarland – Polen ist nicht irgendwo hinter China, Polen ist ganz nah – gerecht, Bilder von verfallenden Häusern zu zeigen und diese Bilder als typisch zu kommentieren (was nicht zutrifft)? Das Publikum hatte seinen Spaß. „Da ist er ja wieder“, der tanzende Pole mit dem Schmerbauch und der Bierbüchse; „da ist Olga“ (oder auch „Matka“), wenn eine nicht ganz junge Frau auf dem Bild war. Und noch ein paar Lacher bei der Imitation des gebrochenen Deutsch, mit dem der polnische Gastgeber sein selbstgeräuchertes Wildschweinfleisch anbot.
Ob wir da wohl unsere Räder durch dasselbe Land gefahren haben? Jeder sieht auf Reisen durch seine ganz höchstpersönliche Brille, jeder sieht Bilder anders. Das Publikum des ADFC-Abends (jedenfalls ein Teil, um nicht Alle in einen Topf zu werfen) hatte eine recht herablassende Sicht. Leute, fahrt doch hin und lasst die Brille des reichen Onkels, der sowieso Alles besser weiß, zu Hause! Es ist ein schönes Land, nicht nur in Masuren, mit freundlichen Menschen, und es verändert sich ganz schnell. Und den Besuch der Wolfsschanze-Bunker, den überlasst den Ewiggestrigen.