Die Legende vom gemeuchelten Supermarkt / 30.10.12
Es war einmal in Amelsbüren – ja was eigentlich? Die ganz Alten können sich noch erinnern, vor langer langer Zeit waren die Leute in Amelsbüren sehr zufrieden. Es gab alles im Dorf, was man so zum Leben brauchte, eine Kirche, mehrere Kneipen, einen Dorfladen, und das Sagen hatten die Altvorderen mit dem schwarzen Parteibuch.
Heute noch wären Alle mit sich und der Welt zufrieden, wenn, ja wenn nicht zwei schlimme Dinge passiert wären. Das eine war eine Invasion. Lauter Zugezogene bauten sich ihr Häuschen vor dem Dorf und hatten keine Lust mehr, ins Dorf zum Dorfladen zu gehen und dort ihr Brot (und auch die Wurst dazu) zu kaufen. Das andere war ein Streit. Da stritten sich der Hauseigentümer und der Krämer so lange, bis das schöne Dorf statt eines Edeka- einen K+K-Laden hatte. Das fanden nun Viele gar nicht mehr lustig, beim K+K wollten sie ihr Geld nicht lassen. Dann doch besser gleich über die Dorfgrenze hinaus, bis zum lockenden E-Center nach Hiltrup fahren.
So gab es ein großes Rumoren im Dorf, so heftig, dass sich die Altvorderen einen Plan ausdachten. Sie wollten Abhilfe schaffen mit einem neuen Laden, mitten im Baugebiet, am Rand des Dorfes.
Das war ein kühnes Unterfangen, denn nach dem weisen Beschluss des großen Rates im fernen Münster durfte im Baugebiet gar kein Laden sein. Da zogen die Altvorderen ihre schwarzen Bücher aus dem Sack und machten sich auf zum großen Rat, um ihn gnädig zu stimmen und Ablass zu erwirken vom alten Bebauungsplan. Ein großes Palavern gab es, und all die Schreiberlinge in den Amtsstuben erhoben ein Geschrei: dass ein Laden genauso wie die Kirche mitten ins Dorf gehöre. Aber der Vorderste der Altvorderen, der führte den Haufen an und setzte durch, dass sie den gewünschten Ablass bekamen.
Nun war wieder Ruhe im Dorf, nur ein paar Unverbesserliche greinten unverständliche Worte von wegen „Laden gehört ins Dorf und nicht an den Rand“. Nach langem Warten ergab sich aber ein Geraune, dass das mit dem Laden nicht so recht vorangehe, und Alle fragten nach dem Grund. Da kam zu Tage, dass ein Supermarkt, wie ihn die Altvorderen haben wollten, auch mit der gnädigsten Erlaubnis des großen Rates im fernen Münster im Baugebiet am Dorfrand nicht sein darf. Hier darf, wenn überhaupt, nur ein Nachbarschaftsladen sein. Den nannte man früher „Tante-Emma-Laden“, und die sind schon lange ausgestorben, weil kein Krämer damit reich werden kann. Achthundert Tante-Emma-Quadratmeter wollte keiner von all den Krämern aufmachen, die die Altvorderen im Auge gehabt hatten.
Da hub ein großes Geschimpfe an, als auch das zweite Turnier um den schönsten Tante-Emma-Krämer keinen Sieger hatte, und die Altvorderen kriegten langsam mächtig Wasser in die Ohren. In ihrer Verzweiflung meinten sie, man solle die Scholle, auf der sie ihren Laden sehen wollten, doch besser an den nächstbesten Krämer verschenken als dass sie sich endgültig bis auf die Knochen blamierten. So wurde ein drittes Turnier ausgerufen. Die Wettstreiter aus dem Krämerlager traten wieder an und wirbelten mächtig Staub auf, und vor lauter Staub weiß jetzt gerade keiner mehr, wie diese verfahrene Kiste vernünftig ausgehen soll.
Und du, liebes Kind, ahnst sicher schon, wie sich die Altvorderen diese mächtige Blamage vom Hals schaffen wollen: immer wenn es schlimm für die Altvorderen kommt, schreien sie nämlich ganz laut, dass der Teufel rot ist und dass die bösen Sozis an allem schuld sind. In der letzten Sitzung der Bezirksvertretung hat der erste von den Altvorderen, einer aus der hinteren Reihe, schon damit angefangen. Dabei war es allein die Idee der Altvorderen gewesen, dies Getümmel überhaupt anzufangen. Aber wer weiß das heute schon noch? Nur eins weiß jeder: schwarz ist der Teufel, kohlpechrabenschwarz.
In jedem Märchen steckt bekanntlich ein wahrer Kern. Schon dreimal hintereinander wurde der Punkt “Supermarkt Amelsbüren” wieder von der Tagesordnung der Bezirksvertretung Hiltrup genommen. Wie geht die Geschichte wohl weiter in der Sitzung am 15.11.2012?