Flexibel / 1.11.11
… ist sie, das muss man ihr lassen. Vorgestern hieß die Hymne der CDU Atomkraft, gestern Ausstieg. Gestern Hauptschule mit Verfassungsgarantie, heute Schulkompromiss. Marktwirtschaft löst alle Probleme, 3,95 Euro Stundenlohn für die Friseuse sind ganz o.K. – morgen soll sich der Staat um die Löhne der Armen kümmern, Haircut der besonderen Art. Wirtschaftsrat gegen CDA, heute so und morgen anders.
Ja was denn nun eigentlich? Was wählt man, wenn man CDU wählt? Eine Wundertüte mit immer neuen Überraschungen – und immer Frau Merkel. Das Modell Machterhalt. Die Beliebigkeit. Hauptsache es trifft die Tagesstimmung.
„Der sogenannte Markenkern war immer auch von der Tagespolitik abhängig“ sagt der Politikwissenschaftler Gerd Langguth im Interview mit der Tagesschau. Er muss es wissen, als ehemaliges Mitglied des CDU-Bundesvorstandes und zweier Grundsatzprogrammkommissionen der Union.
Reden Sie mal mit dem Normalbürger darüber, was er von solchen Fähnchen im Wind hält. Die Vokabeln Glaubwürdigkeit und Vertrauen bekommen Sie dann nicht zu hören, nur ganz was Anderes – das hört sich aber nicht mehr stubenrein an.
Also: warum das billige Imitat nehmen? Die SPD ist das Original – ab 2,50 Euro im Monat sind Sie dabei, hier geht’s lang! Gebrauchte Parteibücher (schwarz / gelb / …) mitbringen, wir übernehmen die kostenlose Entsorgung!
Atom, Wehrpflicht, Hauptschulen, Mindestlohn – Unmut über Sinneswandel und Kehrtwendungen der CDU in den letzten Monaten. Das erinnert mich an eine Anekdote. Albert Einstein wurde von einem Kollegen darauf hingewiesen, dass er dieselbe Prüfungsfrage auch schon im letzten Jahr eingereicht habe. “Ja”, antwortete Einstein, “aber heute ist eine andere Antwort richtig.”
Erstaunlich, wie schnell richtige (und im Fall Atomausstieg gar einzig mögliche) Antworten falsch werden können.
— Christian Wesselmann 4.11.11 #