Leyen-Lohn / 30.10.11
CDU redet von Mindestlohn
Das kann ja heiter werden: Frau von der Leyen, zurzeit Bundesarbeitsministerin, redet über die Einführung eines Mindestlohns. Man reibt sich die Augen, hat die schwarz-gelbe Komödientruppe nicht in ihrem Koalitionsvertrag Mindestlohnregelungen strikt ausgeschlossen?
Der kritische Beobachter hat nichts als Fragen:
Einfach so an der FDP vorbei, den Koalitionsvertrag brechen? Das wird nicht sein, Merkel behüte, Machterhalt ist doch oberste Devise, und das geht nur mit der FDP!
Also Etikettenschwindel? In der Öffentlichkeit so tun, als ob man endlich auf eine alte Sozi-Forderung eingehen will – und wenn die Gelben aus der Schockstarre erwacht sind und die rote Karte gezeigt haben, still und leise zurückrudern? Seehofer und der Steuerstreit lassen grüßen …
Schlimmeres ist zu befürchten. Von der Leyen will keinen staatlich festgesetzten Mindestlohn. Sie will, dass der auf dem Markt ausgehandelt wird, und dann soll der Staat das Ergebnis übernehmen. Ist doch ein hübscher Gedanke: man lädt die sogenannten christlichen Gewerkschaften (weder christlich noch Gewerkschaften) zum Essen mit dem BDI ein, und nach Dessert und Kaffee notiert man auf der Serviette den hart und unfair ausgehandelten Kompromiss von 3,95 Euro pro Stunde. Soll die IG Metall doch hinterher vors Bundesarbeitsgericht ziehen und dort fünf Jahre später ein Urteil gegen solche Kaspereien erstreiten …
Im Ernst: Der DGB steht für Gespräche über eine konkrete Ausgestaltung eines allgemeinen Mindestlohns zur Verfügung – mindestens 8,50 Euro pro Stunde ist seine Position, um den Betroffenen ein einigermaßen menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Aus der CDU schallt es „Die Höhe der Lohnuntergrenze soll sich am Tarifniveau der Zeitarbeit orientieren“ – 6,89 Euro pro Stunde im Osten und 7,79 Euro im Westen. Das sind ganze 1100 bis 1300 Euro brutto im Monat – da wird man noch ordentlich verhandeln müssen.
Eins ist dabei klar: der Mindestlohn muss ganz schnell her. Es geht nicht an, dass in unserem reichen Land die Armen trotz Arbeit immer ärmer und die Reichen immer reicher werden. Das hat nichts mit Gefühlsduselei zu tun: hier sammelt sich langsam ein enormer sozialer Sprengstoff an – die enormen staatlichen Bemühungen zur Ordnung der Finanzmärkte bringen unser ganzes Land in die Schieflage, wenn nicht auch endlich für die im Schatten etwas getan wird.
Offensichtlich ist den Konservativen ihr Markenkern völlig abhanden gekommen, nun kopieren sie von allen Seiten! Für die SPD kann man sagen, da weiß man was man hat, gestern, heute, übermorgen. Bei der CDU wird doch selbst altgedienten Parteikadern schwindelig oder schlimmeres…
— H. Geusendam-Wode 31.10.11 #