Enteignung bleibt letztes Mittel / 22.03.09
Dr. Peter Struck, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion
Was den USA die Lehman Brothers, ist Deutschland die Hypo Real Estate (HRE). Das Münchner Geldinstitut steht wie kein anderes für die Finanzkrise und deren Folgen. Anders als Lehman ist die HRE noch nicht zusammengebrochen. Dafür aber waren schon über 80 Milliarden Euro an Bundeshilfe nötig. Und es könnte noch schlimmer werden: BaFin-Chef Sanio erwartet von den letzten Zahlen der HRE aus 2008 den Beleg für das „grauenvollste“ Quartal der Bankengeschichte.
Wer weiterhin an dem Münchner Bankenhaus festhalten will, dem ist klar: Das Rettungsübernahmegesetz („Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes“), das wir gerade im Bundestag beschlossen haben, ist nicht von Ideologie getrieben, sondern es ist eine schlichte Notwendigkeit.
Den Niedergang der HRE kann sich unsere Volkswirtschaft nicht leisten, wir müssten mit Dominoeffekten rechnen, wie die USA sie durch den Kollaps der New Yorker Lehman Brothers erlebt hat. An der HRE zeigt sich die doppelte Verantwortung der Politik in dieser Zeit: Wir müssen den Verlauf der Wirtschaftskrise ausbremsen und gleichzeitig die Summen, die wir dafür in die Hand nehmen mit Bedacht einsetzen.
Eine überlebensfähige Hypo Real Estate entsteht nicht automatisch, wenn wir immer mehr Geld in das Institut pumpen, sondern die Bank muss ihr Geschäftsmodell ändern. Langfristige Darlehen zu vergeben und das mit der Aufnahme kurzfristiger Kredite zu finanzieren – so wie bisher von der HRE praktiziert – ist ein risikoreiches Unterfangen. Ein Unterfangen, das für die HRE am Abgrund endete.
Mit dem neuen Gesetz nun bleibt die Enteignung der Aktionäre als Ultima Ratio, wenn wir Gefahr laufen, die nötige Umstrukturierung am Widerstand von Altaktionären scheitern zu sehen. Ultima, also letzte Möglichkeit – so ist auch das Gesetz angelegt: Es sind mehrere Stufen vorgesehen, von denen die Enteignung der HRE die letzte ist. Dass die Bank ohne Staatshilfen verloren wäre, sieht inzwischen selbst der renitente Großaktionär Christopher Flowers so. Die Bedingungen für den Einstieg der öffentlichen Hand will er aber als Anteilseigner anscheinend weiter mitbestimmen. Nur ist eine aktienrechtliche Mehrheit von 75 Prozent plus einer Aktie nicht ausreichend, um die HRE wieder nachhaltig marktfähig zu machen. Und nur wenn der Bund die HRE zu 100 Prozent übernimmt, würden sich die Kosten der Refinanzierung um bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr verringern. Die Belastung der Steuerzahler wäre damit niedriger als bei anderen diskutierten Lösungen. Denn bei aller Notwendigkeit, öffentliches Geld einzusetzen, sollten wir nicht vergessen, von wem es kommt.
Ludgerikreisel: keine optimale Lösung Verantwortung einfordern!