Ludgerusschule: Missglückter Befreiungsschlag / 21.03.09
Die Klassenpflegschaften und Schulpflegschaft der Ludgerusschule sammeln Unterschriften für einen Neubau: am 21.3.2009 vor dem E-Center an der Meesenstiege
CDU-Dezernentin Dr. Hanke wollte die Diskussion einfach vom Tisch haben. Ihre schriftliche Äußerung zum Thema Ludgerusschule sollte den dringend nötigen Befreiungsschlag und die CDU aus der Kritik bringen: die Ludgerusschule braucht die gammeligen Räume gar nicht, wir reißen sie einfach ab und Schluss der Durchsage.
Basta-Politik will aber gekonnt sein: die Eltern der Ludgerusschule und auch die Schulleitung lassen sich nicht vereinnahmen und zum Schweigen bringen. Am Samstag (21.3.2009) stehen Schulpflegschaftsvorsitzende Sandra Denningmann und etliche Klassenpflegschaftsvorsitzende der Ludgerusschule wieder vor dem E-Center an der Meesenstiege und sammeln weitere Unterschriften. Kommende Woche wird Denningmann die gesammelten Unterschriften „Für einen Neubau!“ an OB Dr. Tillmann übergeben. Geballter Elternwille drängt darauf, aus der katastrophalen Raumsituation der Ludgerusschule keine unendliche Geschichte zu machen.
Die Geschichte der Containerklassen ist schon lang genug:
Die SPD-Ratsfraktion stellte zuletzt im April 2008 den Antrag, „an der Ludgerusschule in Hiltrup-West den abgängigen Fertigbaucontainer mit drei mobilen Raumeinheiten aus dem Jahr 1984 durch einen Anbau in konventioneller Bauweise zu ersetzen“.
Begründung: „Seit 1984 benötigt die Ludgerusschule Hiltrup infolge der gestiegenen Schülerzahl zur Schulraumbedarfsdeckung Fertigbauklassen. Bis ins Jahr 2001 reichten drei dieser Containerklassen zur Deckung des Bedarfes aus. Diese Fertigbauklassen sind inzwischen baulich abgängig und nicht mehr für den zeitgemäßen Unterricht geeignet. Durch die Bautätigkeit in den 90er Jahren – in Hiltrup-West wuchs der Wohnungsbestand um ca. 70% und die Einwohnerzahl um ca. 55% – nahm der Schulraumbedarf weiter zu. Zur Deckung des Bedarfes wurden 2002 vier mobile Raumeinheiten hinter der Sporthalle aufgestellt. ... hat sich die Schülerzahl auf ca. 420 stabilisiert, so dass die Schule auf die sieben mobilen Raumeinheiten voll angewiesen ist. Die Kleinräumige Bevölkerungsprognose geht bis zum Jahr 2015 von einer etwa gleich bleibenden Zahl der 6 bis 10 Jährigen (-15 Kinder) in Hiltrup-West aus. Bei dieser Berechnung wird die Entwicklung des „Offenen Ganztags“ sowie die aktuelle bauliche Entwicklung des Stadtteils noch nicht mal berücksichtigt. Der begonnene Architektenwettbewerb sieht vor, im Baugebiet „westlich Meesenstiege, südlicher Teil“ ab 2009 jährlich 50 Wohneinheiten zu errichten. Die Folge wäre, dass die zur kurzfristigen Bedarfsdeckung aufgestellten mobilen Klassen auf Jahre unentbehrlich und damit zur Dauerlösung würden.
Um die Festschreibung dieser für Schüler und Lehrer unbefriedigenden Situation für das nächste Jahrzehnt auszuschließen, ist aus Sicht der SPD der Ersatz des abgängigen Fertigbaucontainers durch einen Anbau in konventioneller Bauweise notwendig.“
Im Hauptausschuss des Rates wurde dieser Antrag im Juni 2009 einstimmig zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung verwiesen. Denn die CDU-Dezernentin Dr. Hanke hatte in der Vorlage V/0507/2008 eingeräumt: „Die 3 Fertigbauklassen, die sich seit 1984 auf dem Grundstück der Ludgerusschule Hiltrup befinden, sind abgängig und sollten kurz- bis mittelfristig bei der Schulraumbedarfsdeckung nicht mehr berücksichtigt werden. Der Raumbestand würde sich dann auf 22 Räume reduzieren. Darin sind die 4 im Jahr 2001 aufgestellten Fertigbauklassen enthalten. Unter Berücksichtigung der für den Offenen Ganztag (OGTS) hergerichteten 2 Räume entspricht dieser Raumbestand nach den Grundsätzen für die Aufstellung von Raumprogrammen dem Bedarf einer 4-zügigen Grundschule (16 Klassenräume, 4 Mehrzweckräume). … Nach derzeitigen Erkenntnissen ist auch unter Berücksichtigung der aktuellen Schülerprognose kein größerer Bedarf für den Unterrichtsbereich erkennbar.
Bei Einrichtung der OGTS sind im Gebäude der Ludgerusschule Hiltrup aufgrund der damaligen Bedarfszahlen allerdings nur 2 Räume hergerichtet worden. Im laufenden Schuljahr 2007/08 hat die Schule bereits 3 OGTS-Gruppen gebildet. Nach den derzeit festgelegten städt. Standards ist dafür ein Bedarf von 4 Räumen (1 Küche/Speiseraum, 3 Betreuungsräume) anzuerkennen. Insofern werden die abgängigen Fertigbauklassen zahlenmäßig tatsächlich weiterhin benötigt.
Angesichts der stadtweit steigenden Teilnehmerzahlen an den Angeboten der OGTS und der rückgemeldeten Bedarfe aus den Schulen kann hier die Ludgerusschule Hiltrup aber nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist eine Grundsatzentscheidung herbeizuführen, ob und in welchem Umfang über das (mit 90 % aus Bundesmitteln bezuschusste) Investitionsprogramm für die OGTS hinaus Betreuungsräume etc. geschaffen werden sollen. Diese Grundsatzentscheidung soll perspektivisch für das Schuljahr 2009/10 entwickelt werden. Erst dann ist auch eine Entscheidung über den Ersatz der 3 abgängigen Fertigbauklassen zu treffen.“
Im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket II und nach erneuter Besichtigung der maroden Container-Klassen hatte die SPD im Februar 2009 jetzt erneut Druck gemacht.
Die Hiltruper CDU verkündete darauf ihre Sicht der Dinge „Alles nicht so schlimm.“
Mitte: Sandra Denningmann (Schulpflegschaftsvorsitzende der Ludgerusschule) im Einsatz
Man hatte sich jedoch völlig verschätzt, wie die BürgerInnen in Hiltrup-West die Situation sehen: zu viele waren selbst durch diese miesen Räume gegangen, zu viele haben Kinder auf der Ludgerusschule und wollen die üblen Zustände nicht länger hinnehmen. Und bei den Eltern kam auch der wiederholte Versuch, die Schulleitung mundtot zu machen, gar nicht gut an.
Nun ist die Hiltruper CDU in der Klemme. Sie steht allein gegen die Einschätzung der CDU-Schuldezernentin von Juni 2009, dass die Containerklassen „abgängig“ sind (welch feine Umschreibung der unfeinen Zustände!) und dass „die abgängigen Fertigbauklassen zahlenmäßig tatsächlich weiterhin benötigt“ werden.
Also was tun?
Man tut das in solchen Situationen Übliche und erklärt einfach sein Geschwätz von gestern für unbeachtlich. Pünktlich zur Sitzung der Bezirksvertretung Hiltrup am 19.3.2009 schickt Dr. Hanke ein Schreiben, dass man auf die schlimmsten drei Containerklassen verzichten könne, ja sie sogar abreißen könne. Und dann kommen die Klimmzüge: für die offene Ganztagsschule (OGTS) brauche man die Räume eigentlich doch, aber die Ludgerusschule könne in der benachbarten Einrichtung „37 Grad“ Räume nutzen, damit sei der Bedarf mehr als abgedeckt.
Der Hiltruper CDU kommt das Schreiben sehr gelegen, hat sie doch mit ihrem „Alles nicht so schlimm“ auf dem falschen Bein Hurra gebrüllt. Schnell erklärt sie (WN 20.3.2009), dass die Container ersatzlos weg können, und liefert auch gleich noch eine Erklärung: in der Paul-Gerhardt-Schule sei Platz, „Das Schulamt will in Hiltrup-Mitte keine Klassen leer stehen haben“. Weit weg, aber 6-Jährige können doch laufen …
Zu dumm:
Bereits im laufenden Schuljahr hat die Ludgerusschule 3 OGTS-Gruppen. Tendenz steigend, auch die Betreuung ab 7.15h vor Unterrichtsbeginn wird angestrebt. Der Raumbedarf dafür sieht anders aus als Räume in einem Kinder-Jugend- und Begegnungshaus; wenn man die Räume im 37 Grad auch als Unterrichtsräume verwenden wollte, würden z.B. Tafeln fehlen. Das 37 Grad deckt nur in der Zeit von 12.00h bis 14.00h / 14.30h diesen Raumbedarf in Form einer Hausaufgabenbetreuung. Die OGTS aber läuft bis 16 Uhr, bis 16 Uhr ist den Eltern die verlässliche Betreuung zugesichert.
Und was in den schönen Berechnungen bislang überhaupt nicht berücksichtigt wird: das pädagogische Konzept der Schule (u.a. Förderung von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund und aus Familien mit Unterstützungsbedarf) braucht Räume. Die Schulleitung steht dazu, dass sie notwendig sind (und nicht „wünschenswert“).
So wird aus dem versuchten Befreiungsschlag eher ein blaues Auge für die CDU:
Von 9 bis 15h dabei: Ariane Hornung (Klassenpflegschaftsvorsitzende)
Inzwischen interessierte sich die Aktuelle Stunde des WDR-Fernsehens für das Thema und ließ Schulleitung und Schulpflegschaftsvorsitzende zu Wort kommen – nur die Schuldezernentin hatte keine Zeit, auch all ihre Mitarbeiter waren dringend verhindert und konnten (durften) nicht Rede und Antwort stehen. Die waren nämlich angetreten zum Schaulaufen bei der (städtisch mitorganisierten) Tagung “Schulräume – Lebensräume” in der Wartburgschule. Mit stadtoffiziellen Äußerungen wie: Eine Klasse ist ein Lebensraum, der entscheidend zum Lernerfolg beiträgt. Und die 450 Experten
seien sich einig, dass Klassen nicht “nur Container” sein dürften, in denen Kinder nur “Wissen abgefüllt” werde. Das war schon klasse, marode Ludgerusschule und städtische Hochglanzpropaganda direkt hintereinander in einer Sendung!
Und die Eltern sammeln fleißig weiter Unterschriften … mehrere Hundert allein am Samstag, 21.3.2009!
Ludgerusschule: Heute im Fernsehen Die Container-Dezernentin: jetzt ist die Davertschule dran?