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COM heißt das Trauerspiel / 3.08.08

Der ehrbare Kaufmann hat es jetzt sogar ins Internet geschafft: unter der-ehrbare-kaufmann.de gibt das Institut für Management der Humboldt-Universität zu Berlin Nachhilfe in Sachen Charakterstärke:

Was macht einen ehrbaren Kaufmann aus? Wie wirtschaftet er? Und welchen Tugenden folgt er?

Mit Antworten hält sich die Internetseite bemerkenswert zurück. Vielleicht sind die Grundsätze des ehrbaren Kaufmanns doch einfach allzu vielen Managern abhanden gekommen?

Siemens, urdeutsches Unternehmens-Tafelsilber, hat jedenfalls seinen Teil an dieser Entwicklung. Herr von Pierer war als Vorstandschef – ähnlich wie Zumwinkel bei der Post – die Ikone des anständigen, anspruchsvollen und erfolgreichen Managers. Seine Firma hat sich gefügige Betriebsräte gekauft (Stichwort AUB), hat in größtem Umfang geschmiert und bestochen, hat die eigenen Arbeitnehmer der Mobiltelefonfabrikation zusammen mit Benq in die Arbeitslosigkeit manövriert. Frau Merkel musste ihn eilig als obersten Ratgeber entsorgen, jetzt soll er vor Gericht und blechen.

Nun wiederholt sich bei den Schnurlostelefonen der COM-Sparte das Trauerspiel. In glänzender Vergangenheit hat man Maßstäbe gesetzt, die Marke Gigaset war gleichbedeutend mit exzellenter Technik. Dann hat man sich schlafen gelegt: mein altes Gigaset ist handlich-schwer, zuverlässig und unverwüstlich. Mein neues ist elegant-leicht, quälend langsam, und die versprochenen schönen Eigenschaften einfach nicht da. Synchronisation per Bluetooth? Ach, wenn die Siemens-Software nicht funktioniert, dann laden sie sich doch was Privates aus dem Internet herunter, war der Ratschlag des Service, und auch das hat nicht funktioniert (genauso wie bei meinem letzten Siemens-Handy). Jetzt wird das Geschäft mit den Schnurlostelefonen an einen Finanzinvestor verkauft.

3 Jahre soll der Investor vertraglich gehindert sein, die Standorte München und Bocholt anzutasten. 2100 Arbeitnehmer fragen sich, wann und an wen ihre Firma weitergereicht wird und wohin die Reise geht; Bocholt ist nicht gerade der Standort, an dem tausende offene Stellen auf die Siemens-Leute warten.

Die Grundsätze des ehrbaren Kaufmanns scheinen mindestens bei Siemens stark mutiert zu sein. Lebe von der in der Vergangenheit erarbeiteten Substanz, und wenn die Kartoffel zu heiß wird, lass sie ganz schnell fallen, könnte einer der neuen Grundsätze heißen. Bloß nicht selber engagieren, bloß nicht selber die Hände schmutzig machen. Schöne neue Siemens-Welt.

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