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Große Koalition – das Phantom 2013 / 24.09.13

Alle haben es schon vorher gewusst. Die Medien – auch ohne Schelten darf man das wohl feststellen – hatten einen Narren an Frau Merkel gefressen. So wunderbar glatt, so herrlich nichtssagend, die mächtigste Frau der Welt! Sobald Steinbrück den Mund aufmachte, wurde ihm ein Vorwurf gemacht: so könne man das doch nicht sagen, Geld verdienen sei für einen Sozi ganz igitt, und überhaupt. Aber als Merkels Wasserträger tauge er schon, da war man sich einig. So tönte es in den letzen Wochen auch häufig am Info-Stand: jawohl, ganz sicher, das gibt eine große Koalition, war doch gar nicht so schlecht.

Das Interessante dabei: den größten Appetit auf Schwarz-Rot haben die CDU-Wähler. 69% der CDU-Wähler hätten gern eine CDU-SPD-Koalition, wenn die CDU es allein nicht schafft. Bei den SPD-Wählern sieht es nicht ganz so eindeutig aus, da hat die große Koalition nur 10% mehr Wertschätzung als eine – rechnerisch ja durchaus mögliche – rot-rot-grüne Koalition.

Irgendwie ist da wohl was schiefgegangen. Denn eine große Koalition, die braucht große Partner. Auf Augenhöhe sozusagen. Es gibt nämlich keine Automatik: die SPD ist nicht automatisch der Fußabtreter der Union, der ganz selbstverständlich für die Mehrheit sorgt und im Übrigen die Klappe hält. Oder anders gesagt: wer eine große Koalition haben will, muss auch rot wählen. „Der“ Wähler hat das nicht ausreichend getan. Das muss man respektieren.

Nun gibt es ja genug Leute, die in solcher Situation gern an das Verantwortungsbewusstsein der Sozis appellieren: nun habt euch mal nicht so, hier geht es um Volk und Vaterland, da müsst ihr euch fügen. Der bellende Seehofer will doch nur spielen, der beißt nicht. Ihr dürft nicht immer nur an euch selbst denken: ja, die letzte große Koalition ist euch als Partei nicht gut bekommen, aber that’s life, dafür habt ihr dem Land einen Dienst erwiesen. Und schon Münte hat doch gesagt „Opposition ist Mist“, der Mann hat Recht! Und der Spiegel erstmal, die Damen und Herren sind doch das Gewissen der Nation, jetzt schimpfen sie schon mit dem unartigen Kind: „die SPD bockt”, haut ihr doch endlich welche hinter die Löffel damit sie spurt!

Ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht. Das nationale Interesse, das hier so gern bemüht wird, also gerade das verlangt nach einer funktionierenden Demokratie. Demokratie braucht verfügbare und kompetente Alternativen. Das muss die SPD im Auge behalten. Mittel- und langfristig ist niemandem damit gedient, wenn die SPD sich als Merkels Fußabtreter marginalisieren lässt. „Der“ Wähler honoriert einfach gute Arbeit als Merkels Juniorpartner nicht, da kann im Koalitionsvertrag so viel gute SPD-Sozialpolitik drinstehen wie man will: nach vier Jahren sagt „der“ Wähler, dass die Merkel das doch gut gemacht hat. Und wählt schwarz + wünscht sich schwarz-rot – eine Spirale ohne Ende. Beim peinlichen Ende der FDP 2013 kann man sich wenigstens noch sagen, dass die Quittung verdient ist – aber „der“ Wähler macht offensichtlich keinen Unterschied: wer mit Merkel tanzt, ist des Teufels.

In Frankreich sieht man das sehr genau: die Le Monde schreibt am 24.9.2013 zu dem Wahlergebnis, das sei für Merkel kein Sieg, sondern ein Triumph – und vernichte in Zukunft das politische Leben in Deutschland. Hier sind attraktive Alternativen nötig. In der (Koalitions-) Umarmung einer übermütigen CDU können sie sich nicht entfalten.

Kein Wunschergebnis Stellungnahme des Vorstands der SPD Münster zu den Perspektiven nach der Bundestagswahl