Hilf dir selbst? / 26.04.13
Krankenkassen-Bürokratie gegen Pflegebedürftige
Ist die vielgerühmte gesetzliche Krankenversicherung nicht gerade für die Alten, Pflegebedürftigen gedacht? Über Ostern durften die Kinder der pflegebedürftigen 91-Jährigen mit der DAK genau das Gegenteil erleben. Dabei hatte es ganz harmlos angefangen! Ostern, hatten sich die Kinder gedacht, soll Oma nicht allein zu Hause sitzen. Und weil sie kaum noch laufen, geschweige denn Treppen steigen kann, wurde Oma zur Tochter gebracht; die hat Pflegeerfahrung und einen Treppenaufzug. Mit im Reisegepäck: allerlei Pillen und ein Vorrat Insulinspritzen für täglich eine Injektion.
Der Oma bekam die Reise gar nicht gut, sie kam ans Liegen. Die Tochter aber musste nach Ostern wieder arbeiten, also wohin mit Oma? 20 Kilometer weiter wohnt die zweite Tochter, da brachte der Krankentransport sie hin, per Liegend-Transport. Den bezahlt die DAK nicht: nur den Transport ins Krankenhaus bezahlt die DAK. 59 Euro bezahlt die Oma also selbst – sollen wir sie nächstes Mal ins Krankenhaus bringen? Das kostet ein Vielfaches, aber lassen wir das, jeder hat so seine Vorschriften. Womit wir beinahe schon beim Thema wären.
Die zweite Tochter alarmierte ihren Hausarzt. So einen, der tatsächlich noch Hausbesuche und sich Gedanken macht. Der wusste zu helfen. Weg mit den vielen Pillen, nur noch die allernötigsten, und schau an: Oma kam auf die Beine, jetzt lebt sie wieder in ihrer eigenen Wohnung.
Oma aber bekam mit ihren 91 Jahren (und einer gehörigen Prise Demenz) Post von ihrer DAK. Der von der zweiten Tochter bestellte Pflegedienst hatte Blutzucker gemessen und Insulin gespritzt, ganz genauso wie der Pflegedienst an Omas Wohnort. Nur der DAK passte das nicht, sie schrieb: „… ist nicht ersichtlich, dass eine eigenständige Durchführung oder die Übernahme durch die Angehören nicht möglich ist. In der häuslichen Umgebung sind die beantragten Maßnahmen anscheinend auch nicht erforderlich.“
Jetzt haben wir’s schriftlich. Wenn der Hausarzt ein Diabetesmedikament und Insulin verordnet, die Pflegekasse Pflegegeld und zusätzliche Leistungen für Demenzerkrankte bewilligt und die Oma damit auf Reisen geht, dann sagt die DAK ganz cool „Hilf dir selbst, liebe Oma, do it yourself, liebe Angehörige“. Ob die Angehörigen jemals einen Blutzucker-Teststreifen und einen Insulin-Pen in der Hand gehabt haben, ist der DAK doch egal!
Liebe Leute von der DAK, so geht es einfach nicht! Klar müsst ihr sparen, aber: bevor ihr eine 91-Jährige auf Selbstbedienung umstellt, könnt ihr wenigstens vorher mal anrufen oder vorbeischauen. Ihr seid Krankenkasse, nicht Sparkasse!
Kritische Fragen an die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung Ein Bluff für die ganze Stadt
— A. Farwick-Hajek 4.05.13 #
— Hermann Geusendam-Wode 4.05.13 #