Rechtssystem auf Abwegen? / 11.04.13
Da bekommt eine zierliche Frau nach ihrer Verhaftung und Fesselung einen Faustschlag ins Gesicht, die Nase und die Augenhöhle brechen. Der Polizeipräsident erklärt den Faustschlag für “konsequent”, der Innenminister erklärt den Faustschlag mit der Behauptung, die Frau habe psychische Probleme. Der Innenminister zentralisiert daraufhin die internen Ermittler, ein Gewerkschaftsvertreter der Polizei regt sich darüber auf.
Da versieht über Jahre ein Polizist in Vorgesetztenfunktion seinen Wachdienst mit großer Nähe zur Gewalt, als Höhepunkt gibt’s Prügel für ein unbescholtenes Ehepaar, dessen Wohnung irrtümlich von der Polizei aufgebrochen wird. Das Ehepaar landet vor Gericht – man tut sich schwer damit, den Gewaltexzess der Polizei als Straftat zu begreifen und den Prügel-Chef aus dem Verkehr zu ziehen.
Da soll in derselben Gegend ein mutmaßlicher Ladendieb von einem Polizisten einen Faustschlag auf den Kopf bekommen haben, um ihn zum Reden zu bringen.
Da wird ein Mann seit Jahren in der Psychiatrie festgehalten, der seiner Frau und ihrem Arbeitgeber, einer Bank, unbequem war. Die Bank hat die Vorwürfe des Mannes wegen Unregelmäßigkeiten untersucht, hat festgestellt, dass er Recht hatte, und den Revisionsbericht in den Tresor gelegt. Seine private Habe: alles weg, keine Zeugnisse mehr, keine Familienfotos, nichts. Der Mann wird nachts alle 2 Stunden geweckt “zu seinem eigenen Schutz”, darf nur eingeschränkt und unter Aufsicht telefonieren und bekommt jetzt, nach Jahren, ein Wiederaufnahmeverfahren.
Nun muss der Gerichtsvorsitzende des NSU-Prozesses einräumen, dass man “technische Fehler” gemacht habe bei der Ausschreibung der Plätze für Prozessbeobachter der Medien. Nicht alle Medien sind gleichzeitig informiert worden, dass sie sich um Plätze bewerben konnten im Windhundverfahren: einige Emails sind mit Verspätung herausgegangen, das Gericht hat das bei der Vergabe ignoriert. Späte Erklärung nach Wochen der öffentlichen Empörung, nach halsstarrigem Festhalten am zweifelhaften Vorgehen. Angeblich hätten türkische Medien sogar Aussicht auf einen Platz im Gerichtssaal gehabt, wenn die Ausschreibung ordentlich verlaufen wäre.
Es schaudert den Bürger.
Schnell ist die Antwort: ja, das war doch in Bayern, das geht uns hier in Nordrhein-Westfalen nichts an. Aber kann das Alles sein? Die Einhaltung der elementaren Menschenrechte fängt in unserem eigenen Land an. Besserwisserei gegenüber anderen Ländern darf davon nicht ablenken.