Bonner Wende 1982 / 21.02.10
Die CDU hat die Bundestagswahl 1983 gewonnen: Hannelore und Helmut Kohl und Heiner Geißler
FDP und CDU stürzten am 1.10.1982 mit einem konstruktiven Misstrauensvotum die Regierung von Helmut Schmidt und wählten Helmut Kohl zum Bundeskanzler. Am 7.1.1983 wurde der Bundestag aufgelöst. Die Bundestagswahl am 6. März 1983 brachte der Union 48,8 und der FDP 7,0 Prozent, so dass eine CDU/CSU-FDP-Koalition über eine deutliche Mehrheit im Bundestag verfügte.
Zu einem neuen Aufbruch der SPD, auch in der Mitgliederzahl, kam es nach dem Sturz der sozialliberalen Koalition und der Hinwendung der FDP zur CDU. In Hiltrup und in vielen anderen Städten kam ein neues Gefühl von Solidarität auf, was viele Sozialdemokraten schon verloren glaubten. Die Hiltruper SPD nahm 1983 19 neue Mitglieder auf, 3 Mitglieder verließen die Partei; zur Jahresmitte stieg die Mitgliederzahl auf 149, davon ein Drittel Jusos. Die Hiltruper SPD entwarf z.B. selbst mit großem Elan Plakate, aus der Wirtschaft bekam sie Unterstützung beim Druck (mündliche Auskunft von Theodor Dopheide).
Kommunalpolitische Anstrengungen der Hiltruper Sozialdemokraten gab es in vielfältiger Weise, hier seien zunächst nur die wichtigsten erwähnt, nämlich die Initiative gegen das Brückenbauwerk und die zusätzliche Belastung der Marktallee, für den Bau einer Entlastungsstraße (heutige Glasuritstraße / Hansestraße), ...
Das alte Paterkloster in Hiltrup
..., gegen den Abriss des Klosters (es wurde schließlich von einem Investor zur einer Wohnanlage mit Kleinwohnungen umgebaut) und anderer wertvoller alter Häuser zur Befriedigung von Spekulanten und auch gegen den Bau einer Autobahn bzw. Fernschnellstraße durch Hiltrup.
Im Februar 1983 protestierte die SPD Hiltrup gegen die Genehmigung von 3 Spielhallen an der Marktallee Nr. 79/83. Auch die Bezirksvertretung hatte sich einstimmig gegen die Genehmigung gewandt (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 29).
Theodor Dopheide legte im Herbst 1983 den SPD-Vorsitz nieder. Neuer Vorsitzender wurde am 27.10.1983 der Polizeibeamte
Johannes Kimmann, der bereits vorher aktiv im Vorstand mitgearbeitet hatte.
Ende 1982 hatte sich das Verkehrsgutachten gegen eine neue Bundesstraße B67n im Süden von Münster ausgesprochen, und die Straßenbauverwaltung des Landschaftsverbandes hatte eine negative Stellungnahme zu dem Projekt abgegeben. Am 30.11.1983 begründet der Hiltruper SPD-Ratsherr Theodor Dopheide im Rat den Antrag der SPD-Fraktion, festzustellen, „daß es für die Neutrassierung einer B 67 N keinen Bedarf gibt.“ Die CDU-Mehrheit beschloss mit den Stimmen der Hiltruper CDU-Ratsherren Dr. Tölle und Reisener, die Hiltruper Trasse freizuhalten (die FDP enthielt sich); Dr. Tölle und Reisener hatten kurz zuvor im CDU-Blatt „Hiltruper Anzeiger“ noch den Eindruck erweckt, „die Kuh sei vom Eis“, und Quante als BV-Fraktionsvorsitzender hatte in der Presse dazu erklärt, die CDU stehe wie ein Mann gegen den Bau der B 67 N (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 30).
Die SPD hatte vor den Gefahren im Fußgänger- und Radfahrertunnel am Bahnhof gewarnt. Danach hatte sich eine Reihe von Unfällen ereignet. Die SPD beantragte deshalb im Dezember 1983, die Seitenstreifen auf der neuen Brücke – durch Leitplanken getrennt – zu Radwegen umzubauen (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 30). (Der Vorschlag wurde 2009 von der Verwaltung aufgegriffen, im Laufe des Jahres des 2010 soll jetzt eine Detailplanung erarbeitet werden.)
Das Osttor an dieser Stelle: trotz Geschwindigkeitsbeschränkung eine Rennstrecke
Auch am Osttor war die Sicherheit der Radfahrer Thema. Die SPD beantragte am 18.1.1984 in der Bezirksvertretung, zwischen Albersloher Weg und Ortsschild Hiltrup die Mehrzweckstreifen der Straße Osttor in Radwege umzubauen; die CDU lehnte den Antrag ab. (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 33). (Später wurde der gegenläufige Radweg auf der südlichen Straßenseite zwischen Pfarrer-Ensink-Weg und Rubensstraße realisiert.)
Nach der Mobilisierungswelle, augelöst von der Bonner Wende, flaut das Engagement der Mitglieder wieder ab. Ein Vorstandsmitglied beklagt im Februar 1984: „Unserem Ortsverein gehören zu Zeit 140 Mitglieder an. Zu den Mitgliederversammlungen erscheinen im Schnitt aber nur 20. Bedenkt man, dass allein dem Vorstand 11 Personen angehören, und rechnet man die 6 Mandatsträger dazu, so ist die Mobilisierung der übrigen Mitglieder äußerst schwach. Das liegt sicher nicht am Vorstand, denn der bemüht sich ständig um die Behandlung aktueller Themen …“ (Quelle: Anker Nr. 36).
Im Februar 1984 fand eine Mitgliederversammlung zum Thema „Neue Medien“ statt. In dem Bericht darüber heißt es: „In 20 bis 30 Jahren werden die vollen Auswirkungen zu spüren sein, … Heimarbeitsplätze / Arbeit auf Abruf … Solidarität unter den Arbeitenden und auch die Gewerkschaftsarbeit werden dabei unmöglich … Leistungsdruck … Dem Schutz der Persönlichkeit muss Vorrang eingeräumt werden.“ (Quelle: Anker Nr. 37). Aus dem Blickwinkel des heutigen Arbeitens und Lebens mit dem Internet gesehen eine visionäre Aussage.
Im Frühjahr 1984 forderte die SPD Hiltrup wiederholt den Erhalt alter Häuser an der Marktallee und einen Stopp der Ausweisung neuer Baugebiete („Hiltrup breitet sich pfannkuchenartig aus“) (Quelle: Anker Nr. 37 und Nr. 38).
Die Hiltruper SPD wirbt für die 35-Stunden-Woche
Die Hiltruper SPD beteiligte sich an der Diskussion um die 35-Stunden-Woche und warb dafür an mehreren Info-Ständen (Quelle: Anker Nr. 38).
SPD-Oberbürgermeisterkandidat Heinz Lichtenfeld auf dem Europa-Fest der SPD Hiltrup (5.5.1984)
Am Europatag 5.5.1984 veranstaltete die SPD Hiltrup zur Europa-Wahl am 17.6.1984 ein Europa-Fest in der Hiltruper Stadthalle. Am 30.9.1984 stand die Kommunalwahl an, der SPD-Oberbürgermeisterkandidat Heinz Lichtenfeld sprach auf dem Fest (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 31).
„Finanzielle Sorgen plagen den Ortsverein“ – eine immer wiederkehrende Sorge (Juli 1984, Quelle: Anker Nr. 40).
Die SPD Hiltrup sprach im September 1984 Umweltgefährdungen in Hiltrup an: Vergiftung des Emmerbachs durch ungeklärte Einleitungen, fluorhaltige Rauchgase der Ziegelei Janinhoff, „Gaswolke mit penetrantem Gestank“. Die CDU erklärte, Hiltrup sei in Sachen Umweltschutz „vorbildlich ausgerichtet“ (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 33).
Am 15.9.1984 feierte die SPD Hiltrup ihr 75jähriges Bestehen (siehe Bericht der Westfälischen Nachrichten vom 17.9.1984). Die CDU überreichte dazu als Geschenk eine Rotbuche: sie wurde gemeinsam am Osttor gepflanzt und ging schnell ein.
Zwei Wochen nach der Feier galt es eine Wahlniederlage zu verkraften: Die SPD erreichte bei der Kommunalwahl in Hiltrup nur 32,1% (-2,9%), die GAL legt zu auf 11,9% (+7,5%); die CDU sackte auf 46,9% (-5,1%), die FDP stieg auf 9,6% (+1,4%). Wie sehr die Niederlage schmerzte, kann man an dem galligen Kommentar von Theodor Dopheide im Anker Nr. 42 ablesen: „… Festzustellen ist, daß damit die zwei Nichtstuerparteien in Hiltrup die Gewinner sind. Die GAL ist überhaupt erst kurz vor der Wahl aufgetaucht, nachdem es sie in Hiltrup vorher gar nicht gab. Im Wahlkampf hat sie praktisch ebenfalls nichts getan. Sie ist auf einer rational nur schwer erklärbaren Sympathiewelle, die kaum kommunalpolitische Ursachen hat, die aber wohl eine unbestimmte Abneigung gegen die etablierten Parteien darstellt, in die Bezirksvertretung gespült worden. … Ein Phänomen ist in Hiltrup die weitere Nichtstuerpartei, nämlich die FDP. Zu keiner für Hiltrup bedeutsamen Frage hat sie in der Vergangenheit einen ernsthaften Beitrag leisten können. Trotzdem gewinnt sie in Hiltrup an Stimmen, während in der Stadt und im Land deutliche Verluste vorhanden sind. … Ansonsten hat die SPD allgemein nur Verluste aufzuzeigen. Daß diese Verluste geringer sind als im Gesamtgebiet der Stadt Münster bestätigt zwar daß wir gut gearbeitet haben. Es kann uns aber nicht befriedigen, daß wir so stark in den Gesamtverlustsog einbezogen wurden. …“.