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Armut - auch ein Thema für die Kommunalpolitik? / 22.05.08

In Medien und Politik erleben wir gerade eine Auseinandersetzung um den Armutsbegriff. Ist man mit einem Monatseinkommen von 781 Euro arm oder mit 938 Euro? Auf der anderen Seite des Spektrums fällt die Bewertung schon einfacher, 3418 Euro für eine Einzelperson sind nicht wenig. Unabhängig vom Ausgang dieser Definitions-Debatten erleben wir auch in Münster soziale Veränderungen.
Die Trend Aussagen der Statistiker finden wir auch hier bestätigt: Am “oberen” und am “unteren” Rand der Einkommensverteilung wächst die Zahl der Menschen. Es gibt also mehr Armutsgefährdete, weniger “Mittelschichtler” aber auch mehr Menschen mit hohem Einkommen. Diese Entwicklung ist eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft, aber auch eine nachhaltige Herausforderung für die SPD. Dies führt zu andauernden konstruktiven Diskussionen in unserem Ortsverein und wird voraussichtlich auch in den nächsten Monaten zu konkreten Anträgen an die Parteigremien führen.
Wiederkehrendes Thema im Ortsverein ist auch, ob und wie man auf den schwindenden Wohlstand in der politischen Arbeit Ort reagiert. Kann hier alles „wie bisher“ weitergehen und die Aufgabenstellung an die Bundes- und Landespolitik weitergereicht werden?
Armut (und dafür brauchen wir hier in Hiltrup keine Definitions-Debatte) ist mehr als nur der Mangel an Geld. Wer in dieser immer noch recht wohlhabenden Gesellschaft keine Chance sieht oder hat, sich aus Armut durch Arbeit, Bildung und Qualifikation zu befreien, ist arm. In diese Situation geraten überdurchschnittlich oft Menschen ohne Berufsausbildung, Alleinerziehende und Arbeitslose.
Kommunalpolitik kann dies berücksichtigen und Mitbürgerinnen und Mitbürger in ihren eigenen Bemühungen unterstützen.
Welche Politikfelder sind berührt? Wirtschaftsförderung, Ausbau von Verkehrswegen und wirtschaftsnaher Infrastruktur, Ansiedlung von Betrieben und das Einwerben von Arbeitsplätzen – sicher. Aber auch das Thema Kinderbetreuung für jedes Lebensalter, der unbeschränkte und faire Zugang zu einer guten Bildung für alle, vom Kindergarten bis zur Uni. Diese Einrichtungen und Dienstleistungen sollten gut erreichbar sein, durch Angebote in den Wohngebieten oder durch einen leistungsfähigen und im besten Sinne preiswerten öffentlichen Personen Nahverkehr. Die Stadtteilbüchereien gehören dazu, schon als Angebot für die Kleinsten – aber auch die Volkshochschule mit ihren Angeboten hier vor Ort in Hiltrup, ebenso die Angebote der Arbeitsverwaltung und des Sozialamtes in unserer Bezirksverwaltungsstelle. Wichtig ist auch das Thema preiswerter Wohnraum und sein Erhalt.
Diese Aussagen teilen viele. Aber welche schwarzgelbe Politik erleben wir in Münster? Da werden Neubaugebiete (Amelsbüren Süd) geschaffen, ohne Kindergarten und fast ohne Geschosswohnungsbau, der bisher immer für eine soziale Mischung sorgte. Gleichzeitig werden die über 100.000 LEG Wohnungen in NRW an Investoren ausverkauft (auch in Berg Fidel). Da verzichtet man auf wohnortnahe Ganztagsangebote der Grundschule (wieder Amelsbüren) und mutet Schülern seit Jahrzehnten stickige Containerklassenräume zu (Hiltrup West). Da werden Bibliotheken in ihrem Etat beschnitten (Hiltrup), da soll die Volkshochschule städtische Räume verlassen (Stadthalle Hiltrup) und Kostensteigerungen eben über höhere Beiträge wieder reinholen. Da werden von der schwarzgelben Landesregierung Gesetze gemacht, die Qualität und die Kosten der Kinderbetreuung negativ verändern (Kindergarten-Gesetz KiBiz) und am dreigliedrigen Schulsystem festgehalten, obwohl dies sogar vom UN-Sonderberichterstatter Vernor Muñoz Villalobos scharf kritisiert wird. Er hat festgestellt das in unserem Schulsystem eine ausgeprägte Abhängigkeit von der sozialen Herkunft (Einkommen der Eltern) und dem Bildungserfolg der Schüler besteht, sowie die Chancengleichheit von Migrantenkindern und Behinderten nicht gewährleistet wird.
Die Themenliste ließe sich fortsetzen und wir werden sie weiter kritisch im Ortsverein diskutieren, sowie politische Forderungen daraus ableiten. Unterschiede zwischen den Parteien sind deutlich erkennbar und wir werden sie in den vor uns liegenden Wahlkämpfen des Jahres 2009 herausstellen. HGW

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