Bahn und Reiseversicherung - eine ganz besondere Erfahrung / 10.06.15
Eigentlich hätte man es wissen müssen: Finger weg von Reiseversicherungen. Aber da poppt der Hinweis auf, beim Online-Buchen der Bahn-Fahrkarte in den Urlaub: nur 6 Euro, und es gibt keine Probleme wenn man die Reise verschieben muss. 6 Euro, die kann man ja wohl in Sicherheit investieren.
Es kam wie es kommen musste. Der Reisepartner hat einen Todesfall in der Familie, die Anreise zum Ausgangspunkt der geplanten Radtour muss eine Woche verschoben werden. Kein Problem, sagt man sich, ich habe ja die Versicherung. Der Anruf bei der Versicherung bringt auch frohe Kunde, man solle direkt zur Bahn gehen, die Fahrkarte werde im Reisezentrum kostenlos umgetauscht, das sei doch gerade der Vorteil der Versicherung. Die Versicherung sei erst dann dran, wenn man am geplanten Reisetag die Fahrkarte nicht nutze; und dann müsse ich natürlich die Sterbeurkunde vorlegen.
Für den Weg zum Reisezentrum nehme ich vorsichtshalber das Rad, man weiß ja nie…, und lande hinter dem münsterschen Bahnhof in einem, wie soll ich es sagen, gut besuchten Container. Nun, der Bahnhof wird umgebaut, das muss man in Kauf nehmen. Nummer ziehen, hmm, noch 15 vor mir, hinsetzen (immerhin), warten. Weiter warten. Ein Blick zur Seite: der ältere Herr studiert Urteile im Betriebsberater. Er muss den Zug um zwei nach kriegen, und es wird langsam eng. Seine Nachbarin gibt entnervt auf, ihre Wartenummer geht an die Börse: hier, nehmen Sie, heißt es, ich bekomme die etwas bessere Nummer des älteren Herrn, und schon fragt die Nächste “Welche Nummer haben Sie denn” – ein Wunder, dass an dieser Warte-Börse für das Aufrücken in der Schlange nicht gezahlt werden muss.
Der ältere Herr steht schon mal auf, sein Zug wartet nicht, er versucht es am 1.-Klasse-Schalter mit einem Notruf; er sei nur eine Nummer zurück, und der Zug fahre gleich, und ob man nicht … Natürlich geht das nicht, wird er barsch abgefertigt. Er eilt zum Ausgang, während der “Service”-Mann der Bahn ihm lautstark noch ein “Besserwisser” hinterherschickt; vielleicht eine Warnung an alle anderen, damit nur ja keiner mehr mit einer Notfall-Bitte kommt?
Die Frau hinter dem Schalter ist freundlich und bemüht. Kostenloser Umtausch? Nein, da fällt ganz normal die Gebühr von 17 Euro an, Versicherung hin oder her. Und eigentlich, Sie haben doch online gebucht, hätten Sie das auch online erledigen können. Die 17 Euro, die können Sie bei der Versicherung anmelden.
Da hätte ich mir die ganze Strapaze also sparen können: eine halbe Stunde Radfahrt zum Bahnhof, eine halbe Stunde Wartezeit mit unschöner Begleitmusik, und die Versicherung, die hätte ich mir besser gleich gespart. Was glauben die denn? Erst schicken sie mich völlig überflüssig auf die Reise zum Reisezentrum, und dann soll ich noch für 17 Euro meinen Reisepartner angehen, er soll mir mal eben die Sterbeurkunde seiner Schwiegertochter, und dazu noch ohne Trauschein, besorgen? Nur damit die Versicherung mir erklärt, die Verstorbene sei keine “Angehörige” der “Risikoperson”, das stehe doch klipp und klar im Kleingedruckten? Nein, so eine Versicherung braucht niemand.