Demokratie im Tiefflug / 14.06.07
Tornados sind gut gegen Taliban. Das sagt unsere Regierung.
Tornados sind gut gegen die eigenen Bürger – das tut unsere Regierung.
Straßen, Gelände und Demonstranten bei Heiligendamm waren das Ziel, im Tiefflug. Tornados unserer Bundeswehr waren im Einsatz zur Luftaufklärung, sie machten Fotos. Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hatte sie angefordert.
„Technische Amtshilfe“ heißt das in der Sprache des Verteidigungsministers. Juristisch kann man das alles erklären: wenn die Bundeswehr eine Behörde ist und sie von einer anderen Behörde, der Polizei, gebeten wird mal eben auszuhelfen, dann hilft sie eben. Schweres Gerät hat sie ja ausreichend.
Hat denn da niemand Skrupel gehabt? Haben denn all die Bürokraten mit ihrem Paragrafenhandwerk nicht gemerkt, dass sie eine unsichtbare Grenze überschritten haben?
Das Sprichwort sagt, dass man nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen soll. Übermaßverbot oder Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel heißt das im Rechtsleben, und ist hier grandios missachtet worden. Der Einsatz der Armee ist das äußerste Machtmittel eines Staates und sollte dementsprechend sparsam verwendet werden. Wenn die Polizei etwas wissen will, hat sie ihre eigenen Mittel. Warum hat es nicht gereicht, einen Polizeihubschrauber loszuschicken?
Aber es war nicht nur unverhältnismäßig, es war der größte anzunehmende Unfall im Zusammenleben der Bürger in Deutschland. Die Armee war in Heiligendamm nicht der von den Bürgern herzlich begrüßte Helfer in einer Notsituation wie beim Elbe-Hochwasser. Sie hat vielmehr mit der größtmöglichen Demonstration militärischer Gewaltmittel gegen den erkennbaren Willen vieler Bürger gehandelt, ohne dass dies zwingend und unabweisbar nötig war.
Die Armee hat in der Regelung des Zusammenlebens der Bürger im Inneren nichts verloren. Wer diese Grenze missachtet, gefährdet die Grundlagen unserer Zivilgesellschaft. Ob das nun nach dem Buchstaben des Gesetzes erlaubt ist oder nicht. Dieser Tornadoeinsatz darf sich auf keinen Fall wiederholen. In der weiteren Diskussion über den Einsatz der Armee, der von den Hardlinern im Sicherheitsgewerbe so sehnlich gewünscht wird, ist äußerste Vorsicht angesagt.
Dass uns dies so drastisch vor Augen geführt wird, ist das Verdienst dieses Sündenfalls in Heiligendamm.
Da rauchten die Köpfe Svenja Schulze und Christoph Strässer in Hiltrup