Mies drauf / 6.08.11
So schön hatte es angefangen: das alte Handy kaputt, Weihnachten vor der Tür, die Familie auf der Suche nach Geschenkideen. Unterm Tannenbaum dann ein Smartphone. Toll. GPS! Internet! Navigation in der Hosentasche!
Und einfach. Sagt der Hersteller aus Korea. „Service Unavailable“ steht zwar ab und zu auf dem Schirm, wenn man die Homepage anklickt, aber der Service ist sonst gut, sagt er. Lade die Super-Software Kies von samsung.de herunter, installiere sie auf dem PC, und alles wird gut, sagt er. Na, dann mal los, schließlich müssen all die gesammelten Adressen, Telefonnummern, Geburtstage und sonstigen Termine ja noch ins Smartphone geschaufelt werden.
Die erste Runde ging an Korea, die Daten landeten im Smartphone.
Die zweite Runde ging auch an Korea. Verlierer war der Kunde. Kies wurde per Update umgestrickt, da ging die Post ab. Allerlei verwirrende Fensterchen gingen auf und zu am PC, recht widersprüchlich. Und dann der Knüller: Datensalat auf dem PC. Kies verändert ungefragt die Originaldaten im PC. Löscht Geburtstage. Fügt Dateien zusammen, die nicht zusammengehören. Schreibt Adressen und Telefonnummern um. Alles still und heimlich, ohne den Kunden zu warnen.
Der geschockte Kunde sieht sich im Internet um – hätte er das bloß vorher getan! – und liest: kein Einzelfall. Bei dem einen funktioniert die tolle Korea-Software problemlos, bei anderen ist sie das größte Desaster. Dumm gelaufen, Desaster erwischt.
Also erst mal Schadensbegrenzung. Sofort die Verbindung zwischen PC und Smartphone kappen, Dateien reparieren. Dann eine bessere Lösung für die Synchronisierung suchen, schließlich ist die regelmäßig fällig: Freeware gibt’s im Internet, kostet nichts, leistet problemlos alles, was Kies sonst versaut.
Mies wird die Software von verbitterten Kunden im Internet genannt, das hat seinen Grund: man wird die Plage einfach nicht wieder los. Die Deinstallation mit Windows-Bordmitteln funktioniert erst gar nicht, Mies sagt einfach, die Termin- und Adressverwaltung sei im Weg, dabei ist das Programm gar nicht aktiv. Also Termin- und Adressverwaltung starten und wieder schließen, jetzt wird deinstalliert … im vierten Anlauf schließlich meint Windows, der Mist sei von der Platte geputzt.
Ist er aber nicht, putzmunter meldet sich der Sch… bei jedem Rechnerstart: „Kies funktioniert nicht“ sagt das Fenster und sucht nach einer Lösung. Also wieder ins Internet: ja, auch andere Kunden haben das Problem, man wird Mies einfach nicht mehr los. Aber, sagen da welche im Internet, Samsung habe das Problem erkannt und eine eigene Extra-Deinstallationssoftware veröffentlicht. Schön, versuchen wir’s: runtergeladen, gestartet. „Done“ sagt dies Programm, es ist genauso schön wie Mies, spricht nur Englisch und behauptet, es habe seine Arbeit getan. Rechner neu starten, Blick auf den Desktop: „Kies funktioniert nicht mehr“.
Noch irgendwelche Fragen? Nein, nur Schnauze voll. Oder doch, die eine Frage zum Schluss: warum soll ich eigentlich in Zukunft noch irgendein Produkt dieser Firma kaufen? Die Stiftung Warentest prüft bislang nur, wie Handys und Smartphones funktionieren; in Zukunft sollte sie genauer hinsehen, welche Kollateralschäden das Produkt anrichtet, wenn man es bestimmungsgemäß benutzt.
Koalition demonstriert erneut Handlungsunfähigkeit beim Datenschutz Betonköpfe