Von der Hybris der Einsamen

Merkel gescheitert

Die Spitzenleute in Regierung und Verwaltung haben eine geradezu unmenschliche Aufgabe. Jede Sekunde ihres Lebens wird beobachtet und kommentiert, Wegweisendes wird von ihnen erwartet, sie sollen weit in die Zukunft schauen und keine Fehler machen, und die Besserwisser und Konkurrenten lauern ringsum. Merkel hat sich in dieser Rolle verrannt. Sie hat nicht verstanden, dass die Zeit der einsamen Entscheidungen vergangen ist. Die Energiewende nach Fukushima war eine solche einsame Entscheidung; Merkel hatte Glück, dass es im Land eine Stimmung pro grüne Energie gab – und sie hatte Glück, dass über die Schadensersatzklagen und die Zukunft der Energiekonzerne erst nach dem Ende ihrer Amtszeit entschieden wird. Auch die Proteste aus den Nachbarländern wegen der unkalkulierbaren Mengen von Windstrom halten sich in Grenzen. Die häßlichen Konsequenzen einer einsamen und nicht vorbereiteten Entscheidung werden Andere zu tragen haben.

Der vordergründige Erfolg der Energiewende hat Merkel dann wohl den Blick verschleiert. Sie hat sich 2015 zur nächsten Hau-Ruck-Aktion verleiten lassen. Nichts als Hau-Ruck war das Willlkommen für all die Flüchtlinge. Auch hier konnte Merkel zunächst auf eine sehr menschliche und großzügige Stimmung im Land setzen. Diesmal wird sie aber schneller als bei der Energiewende von den ganz rationalen Folgen eingeholt. Es brodelt im Land, den Gutwilligen stehen Heerscharen von Fremdenfeinden und Brandstiftern gegenüber. Auch den gutwilligen Bürgermeistern gehen langsam Geld und Personal zur Bewältigung der Folgen aus. Was Merkel überhaupt nicht kalkuliert hat: wer Europa als Mantra vor sich her trägt, muss auch europäisch handeln – vorher, also bevor man einen gewaltigen Flüchtlingsstrom weiter anheizt. So steht Deutschland wegen Merkels Hau-Ruck-Aktion vor einem Scherbenhaufen: alle anderen EU-Länder sind sauer, und beim aktuellen Gipfeltreffen wird Merkel das unterschreiben, was sie so lange und laut abgelehnt hat: Grenzen dicht. Noch schlimmer: Merkel umschmeichelt einen Diktator in der Türkei, der schamlos Bürgerrechte außer Kraft setzt.

Merkel wird nicht sofort abtreten, zu gründlich hat sie mögliche Nachfolger aus dem Weg geräumt. So paradox sich das anhört: mit ihrem Hau-Ruck hat sie der AfD den Weg bereitet, jetzt müssen sich alle Anderen um sie scharen. Aber lange halten wird das nicht. Und ihre Nachfolger werden ganz rational aufräumen müssen – dazu gehört auch, dass die CDU ihre jahrzehntelange Blockade aufgibt und gemeinsam mit den Demokraten im Lande endlich ein vernünftiges Einwanderungsrecht schafft. Die SPD fordert das schon lange.