Ein Wort-Ungetüm soll helfen
„Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (sogenannte CSR-Richtlinie)“ – man liest die Bezeichnung und gruselt sich? Etwas besser verständlich sind die Schlagworte, die dazu geliefert werden: Soziale und gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen gesetzlich verankern. Das rot-schwarze Bundeskabinett hat den Entwurf beschlossen, und die SPD-Bundestagfraktion begrüßt den Gesetzentwurf und die damit gesetzlich gewollte „unternehmerische Gesellschaftsverantwortung“.
Mit unserem schnellen Einkauf bei family, aldi, kik und Konsorten – ein T-Shirt für 2 Euro – hat dieser Gesetzentwurf bislang wenig zu tun. Fast niemanden kümmert es, wie giftig die Arbeitsbedingungen waren und wie viele Kinder wie viele unbezahlte Überstunden fürs Färben und Nähen geleistet haben. Ab und zu bricht in Pakistan oder sonstwo eine Fabrik zusammen, die Arbeiterinnen und Arbeiter sterben, und rasch findet sich ein Anderer, der unter diesen Bedingungen liefert. Der Preis unseres Einkaufs hat dabei keine Aussagekraft: wenn die Stiftung Warentest mal exemplarisch CSR-Noten für getestete Produkte vergibt, finden sich auch bekannte teure Marken unter den Sündern.
Der beschlossene Gesetzentwurf will, dass sich die Unternehmen im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung verbessern und so auch mehr Transparenz für die Auswirkungen ihres unternehmerischen Tuns schaffen. Besonders hervorzuheben ist die Berichtspflicht im Gesetzentwurf, die eine Berichterstattung über Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung konkret verankert.
Anders gesagt: wer vor dem Kauf wissen will, ob der Hersteller des Produkts zu den Menschenschindern und Ausbeutern gehört, soll in Zukunft Auskunft vom Hersteller bekommen.
Die SPD-Bundestagsfraktion wird weiteren Ergänzungsbedarf im parlamentarischen Verfahren prüfen. Das vorrangige Ziel der Richtlinie, das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken, kann beispielsweise durch weitergehende Angaben zum Schutz personenbezogener Daten von Verbraucherinnen oder Verbrauchern, zur Verbraucherbetreuung oder aber auch zum Schutz der Beschäftigten erreicht werden. Die SPD-Fraktion wird deshalb im parlamentarischen Verfahren prüfen, ob Ergänzungen möglich sind. Ebenso fehlt im vorgelegten Gesetzentwurf, dass die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte als verbindlicher Bezugsrahmen genannt werden, die in den Erwägungsgründen der Richtlinie aber ausdrücklich genannt werden. Auch hier wird die SPD-Fraktion eine entsprechende Änderung im parlamentarischen Verfahren prüfen.