Neues Wahlrecht für Deutschland. Diskussionsveranstaltung der SPD Münster am 23.3.2023

Am vergangenen Freitag hat der Bundestag mit dem Stimmen von SPD, Grünen und FDP ein neues Wahlrecht für Deutschland beschlossen. Der Entscheidung ist eine jahrelange Debatte vorausgegangen. Notwendig wurde die Reform, weil die Zahl der Abgeordneten im Deutschen Bundestag in den letzten Legislaturperioden ständig angewachsen ist. Infolge der zunehmenden Zersplitterung der Parteienlandschaft stieg die Anzahl sog. Überhangmandate beständig an. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei aufgrund der Erststimme mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach dem über die Zweitstimme ermittelten Verhältnis der Stimmen an sich insgesamt zusteht. Das alte Wahlrecht stellte in diesem Fall sicher, dass im Wahlkreis direkt gewählte Abgeordnete in jedem Fall in den Bundestag einziehen. Dadurch erlangte eine Partei mehr Sitze, als ihr im Verhältnis zu den anderen Parteien nach der Zweitstimme zustand.

Das neue Wahlrecht setzt demgegenüber — bei Beibehaltung der Fünf-Prozent-Sperrklausel — das Prinzip der Verhältniswahl konsequent um. Eine Partei erlangt nur noch so viele Sitze im Deutschen Bundestag, wie ihr nach dem Ergebnis der Zweitstimmen auch tatsächlich zusteht. Mit der Erststimme kann nur noch Einfluss darauf genommen werden, ob Abgeordnete nach der Reihung der von den Parteien aufgestellten Landesliste in den Bundestag einziehen oder ein direkt gewählter Abgeordneter vorrangig zu berücksichtigen ist. Erringt eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zusteht, führt dies allerdings nicht nur (wie bisher) dazu, dass die von den Parteien aufgestellten Landeslisten gar nicht mehr greifen. Vielmehr können in diesem Fall nicht alle im Wahlkreis direkt gewählten Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Im Ernstfall entscheidet der innerparteiliche Vergleich des Ergebnisses.

Folgerichtig entfällt im neuen Recht auch die sog. Grundmandatsklausel. Nach dieser Regelung zog eine Partei bislang auch dann entsprechend ihrem Zweitstimmenanteil in den Bundestag ein, wenn sie zwar unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde geblieben war, aber trotzdem insgesamt drei Direktmandate erringen konnte. Im Ergebnis bildet die Sitzverteilung im Deutschen Bundestag das Verhältnis der Parteien nach neuem Recht also genauer ab. Jede Zweitstimme hat tatsächlich den gleichen Einfluss auf die Sitzverteilung.

Trotzdem halten CDU/CSU und auch Die Linke das neue Wahlrecht für manipulativ und wollen vor dem Bundesverfassungsgericht Klage erheben. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die CSU in der Regel sehr viele Direktmandate erringt, bei vergangenen Wahlen aber ihren traditionell sehr hohen Zweitstimmenanteil nicht mehr halten konnte. Die Linke ist im gegenwärtigen Deutschen Bundestag überhaupt nur deshalb vertreten, weil sie bei der letzten Wahl drei Direktmandate gewinnen konnte. Im gesamten Bundesgebiet lag ihr Zweitstimmenanteil unterhalb der Sperrklausel von 5 Prozent. Ein Schicksal, das auch der CSU irgendwann blühen könnte. Sie kam bei der letzten Bundestagswahl lediglich auf 5,2 Prozent der Zweitstimmen.

Die auch deshalb leidenschaftlich geführte politische Diskussion nimmt die SPD Münster zum Anlass für eine öffentliche Diskussionsveranstaltung über das neue Wahlrecht. Am 23.03.2023 diskutieren Sebastian Hartmann, Mitglied der SPD-Fraktion im deutschen Bundestag, Prof. Dr. Klaus Schubert vom Institut für Politikwissenschaften der Universität Münster und sein Kollege Prof. Dr. Fabian Wittreck vom Münsteraner Institut für Öffentliches Recht und Politik über die politischen und rechtlichen Folgen der Entscheidung des Bundestags.

Die Veranstaltung findet um 19.00 Uhr in der Rüstkammer im Historischen Rathaus statt. Moderieren wird die Veranstaltung die Münsteraner SPD.-Vorsitzende Lena Rosa Beste. Die Begrüßung übernimmt die Bundesministerin Svenja Schulze, die für Münster im deutschen Bundestag sitzt.

Anmelden kann man sich zu der Veranstaltung unter muenster.spd-infoportal.de/Wahlrechtsreform.