Mit der Armee gegen Kummer?

Wir alle sind aufgewühlt: eine Kette von Bluttaten erschreckt uns. Unfassbar, wie Menschen ihre Mitmenschen attackieren. Halt, denkt jeder, wie können wir das stoppen? Mehr Polizei, schallt es aus der einen Ecke – verständlich ist der Ruf, aber hilft das? Die Bundeswehr soll eingreifen, fordern andere, und da ist gar nichts mehr verständlich.

Soweit man bisher sieht, waren die Täter allesamt irgendwie gestört. Depressionen, stationäre Aufenthalte in der Psychiatrie, ambulante Behandlungen schwerster psychischer Krankheiten, oder auch einfach eine “asoziale” Persönlichkeit, das sind die Hintergründe, die wir von den Medien berichtet bekommen. Hatten wir das nicht schon? Winnenden jährt sich gerade: ein junger Mann, ein Einheimischer, rastet aus und nimmt viele Andere mit in den Tod. German Wings, ein durch und durch kranker Copilot – auch ein Einheimischer – tötet sich und 150 Passagiere mit dem Flugzeug. Jetzt waren es Menschen mit mehr oder weniger “Migrationshintergrund”, aber warum, die Frage muss gestellt werden, warum soll die Armee marschieren?

Die höchsten Regierungskreise, aus denen solcher Unsinn tönte, haben im Sommerloch offensichtlich den Verstand verloren, nicht anders kann man solche Parolen kommentieren. Keine Armee der Welt kann einen tod-kranken Psychotiker daran hindern, sich und andere zu töten. Das einzige, was ein Armeeeinsatz bewirken kann, ist ein allerschwerster Schaden für den Rechtsstaat. Polizei und Armee sind nun mal sehr verschieden, haben sehr verschiedene Ausbildungen und sehr verschiedene Aufgaben. Wenn Soldaten bei Hochwasser Sandsäcke schleppen verdient das Anerkennung, aber sonst: sollen sie als Gesinnungspolizei alle Flüchtlinge verhaften? Und was ist mit den Einheimischen: jeder könnte Täter werden, also Alle vorbeugend einsperren? Wer soll dann das Einsperren übernehmen, wenn Alle verdächtig sind? Sollen Soldaten zur Überwachung von psychisch Kranken eingesetzt werden?

Ruhige Überlegung ist angesagt. Gerade die Spitzenpolitiker tragen Verantwortung und müssen sich vor ungarem Gequatsche hüten. Wir müssen noch mehr tun für Menschen mit Problemen. Und wir dürfen nichts versprechen, was unmöglich ist: absolute Sicherheit.