Gefährliche Träume

Ich hab nur ein bisschen geträumt – das kennt man vom zehnjährigen Großneffen, wenn ihm am Telefon die Sprache wegbleibt, weil die Fantasie mit ihm durchgeht. Das ist ein Schmunzeln wert. Aber wenn Oberbürgermeister und Monopolzeitung einer Großstadt träumen – und das auch noch im Wiederholungsfall – , dann ist das nicht mehr lustig.

Die Tour de France ist wieder da, wenn es nach diesen Träumern geht. Münster als Etappenziel der größten Doping-Messe der Welt, so posaunen sie ihre Hoffnungen in die weihnachtliche Stadt. Nun gut, könnte man sagen, wenn jemand seine schlechten Träume nach dem Aufstehen öffentlich aufarbeiten muss, soll er es eben tun, über Geschmack lässt sich eben streiten.

Aber dann fallen einem doch ein paar Dinge mehr ein: wenn einer so beharrlich sein 6-Millionen-Projekt wieder aufwärmt – 6 Millionen Euro lässt sich Düsseldorf den Tour-Start kosten -, wie können wir ihm helfen? Schwarz-Grün hat die neue Gesamtschule mal eben um 5 Millionen Euro billiger gerechnet, warum haben sie sie nicht 11 Millionen billiger gerechnet? Dann wäre das mit der Tour in Münster doch überhaupt kein Problem!

Das andere Ding, und da wird es gar nicht mehr so lustig, ist die Tonlage, in der diese Träume medial verbreitet werden. “Am politischen Streit” sei Münsters Tour-Bewerbung gescheitert, an den “politischen Querelen in Münster”. Da bekommt das Ganze einen Beigeschmack, der schlicht undemokratisch ist: “politischer Streit” und “Querelen” transportieren eine absolut negative Bewertung, als ob es bei der Ratsentscheidung gegen den Tourstart nicht um Sachargumente und städtische Schulden, sondern nur um – noch so eine Vokabel aus dieser Mottenkiste – Parteiengezänk gegangen sei. Deshalb nur eine Erinnerung für den Herrn Oberbürgermeister und den Herrn Verleger: wenn man im Rat keine Mehrheit bekommt, muss man das einfach hinnehmen. So funktioniert eben Demokratie. Die Diffamierung solcher Entscheidungsprozesse war gängig in der Weimarer Republik und lebt gerade wieder auf bei der Pegida in Dresden, davon sollte Münster sich klar distanzieren.