“Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre hier – als Wirtschaftsflüchtling. Den kriegen wir nie wieder los.” Der Generalsekretär der CSU hat es doch einmal wieder sehr schön auf den Punkt gebracht, das muss man ihm lassen. Welche Wirkungen diese andauernde Pöbelei unter der Gürtellinie hat, können wir gerade in Berlin besichtigen. Der bisherige CDU-Innensenator war sicher nicht die glänzende Vorzeigefigur, um als Spitzenkandidat in den Wahlkampf zu ziehen – aber der CDU in Berlin haben die andauernden Rempeleien aus der Voralpenprovinz in Sachen Migration auch nicht gut getan. Dazu kommt die Neuauflage der „Birne muss weg“-Kampagne: damals forderte „Volkes Stimme“ den Abgang des Kanzlers Kohl, und Merkel wurde Kanzlerin. Heute lesen wir überall „Merkel muss weg“. Das konservative Lager in Deutschland tut sich schwer, aber es hat zu allem Unglück auch keine Ideen: wer soll’s denn dann machen, und was bitte schön soll die/der Nachfolger/in inhaltlich anders machen?
Die SPD steht vor ähnlichen Herausforderungen. Jede bessere Provinzwahl wird zur Nagelprobe für Gabriel hochstilisiert, angeblich sollte die Wahl in Berlin über sein Schicksal entscheiden. Nun hat die SPD in Berlin nur so viel verloren, dass sie es noch als Sieg verkaufen kann, hat Gabriel jetzt Ruh? Oder nur Schonzeit? Montag steht der Parteikonvent an, um über CETA und nach Meinung der Auguren damit auch über Gabriel zu entscheiden. Wer spitzt öffentliche Meinung auf solche „Schicksalsfragen“ zu? Etwa die Leute von campact? Lassen Sie sich mal in den Email-Verteiler von campact aufnehmen und sehen Sie sich an, gegen was alles sich der heilige Zorn dieser Empörungsindustrie richtet: Hauptsache empört und dagegen. Aus diesem Dunstkreis kam doch das selige Chlorhühnchen, das eine Zeit lang gegen TTIP fliegen gelassen wurde; angeblich zwingt TTIP uns doch dazu, in Zukunft nur noch gechlorte Hühner zu essen, aber irgendwie ist uns dies Vieh in den letzten Monaten abhanden gekommen – muss wohl doch irgendjemand aufgegessen haben. Was bleibt: die Erinnerung an ein Wahlmanöver. Rechtzeitig zur Berliner Wahl, endlich mal wieder zeigen dass man dagegen ist. Und dass man “den Politikern” nicht trauen darf.
Das Ergebnis ist ein Scherbenhaufen. Das Berliner Abgeordnetenhaus ist zum Rat der Zwerge geworden, eine Vielzahl kleiner Fraktionen bestimmt das Bild, am ausfransenden Rand der Unzufriedenen sind die Piraten – wer war das noch mal? – durch die AfD abgelöst worden.
Was das mit CETA zu tun hat? Nichts, und gleichzeitig alles. Natürlich kann man über CETA wunderbar streiten, in der höchst komplizierten Materie – Sie lieber Leser kennen sicher alle Einzelheiten und können sie auch beurteilen? – stecken viele Fallstricke, und mit Müller und Henkel in Berlin hat das gar nichts zu tun. Für die Handlungsfähigkeit der SPD, der Bundesregierung und der Europäischen Union hat CETA aber sehr große Bedeutung. Egal wie man zu dem Abkommen steht: wer Gabriel hier den Teppich unter den Füßen wegzieht, übt sich in der Lust am Verlieren. Migrationswelle und Brexit, nationalistische Rückfälle in Osteuropa fordern eine handlungsfähige Regierung, fordern Kanzlerin und Vizekanzler mit Handlungsspielraum. Deutschland ist nun mal einer der wichtigsten Partner in der europäischen Union, auf uns kommt es an, gerade jetzt nach dem britischen Desaster. Europa braucht Rückhalt für den deutschen Vizekanzler aus der eigenen Partei. Und die schrägen Töne aus Bayern: braucht niemand.